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Stürmische See im Buddelschiff
Monika hatte schon tief und fest geschlafen, als sie mitten in der Nacht erwachte, weil Blitze und lautes Donnergetöse sie aus dem Schlaf gerissen hatten.
"Das gibt’s doch gar nicht!"
Rief sie aus, als sie begriffen hatte, dass das Unwetter nicht von draußen kam, sondern hier in ihrem Kinderzimmer tobte. Grelle Lichtblitze schossen von der Decke auf ihr Bettchen herab und das tiefe Donnergrollen brachte alle Gegenstände im Zimmer ins Wanken. Nun fing es auch noch fürchterlich zu regnen an. Bald stand sie Pitsche patsche nass in ihrem Nachthemd da und der Sturm peitschte ihr die Regentropfen wie kleine Nadelstiche mitten ins Gesicht. Das Wasser, schmeckte auf ihren Lippen salzig wie Seewasser.
"Mamaaaaa, Papaaaa, HILFEEE!"
Durchnässt bis auf die Haut und voller Angst wollte Monika aus ihrem Kinderzimmer rennen, doch die Tür lies sich nicht öffnen.
"Wo seid ihr denn bloß, Mamaa – Papa, HILFEEE???"
Bald gab sie es auf, nach ihren Eltern zu rufen. Das Blitzen und Donner und auch der Regen hielten weiter an, schnell schlüpfte sie deswegen unter ihr Bett, das für eine Weile Schutz bieten würde. Vorsichtig lugte sie darunter hervor, das Buddelschiff von Großvater stand im Regal wie immer. Aber es war von einem Leuchten umgeben, als ob eine Lampe über ihm brannte. Das Schiff, noch heute Morgen auf einem Kiesbett ankernd, schwamm nun in einer Gischt umwogenden See und schlingerte wild darin umher. Die Segel waren bis zum Bersten aufgebläht und drohten vom Wind zerfetzt und davon geblasen zu werden. Die Wellen türmten sich haushoch über dem Schiff zusammen und stürzten sich in immer neuen Wogen auf das unter vollen Segeln laufende Schiffchen.
"Teufel noch eins...! Großvater!!!"
Da, - aber das war doch ganz und gar unmöglich, da waren tatsächlich Seeleute an Bord. Kleine wild umherlaufende, gestikulierende Menschen, eingehüllt in dicke Teerjacken rannten auf dem Deck umher. Gerade rief der Kapitän die Mannschaft nach oben, während der Steuermann unter Aufbietung seiner letzten Kräfte versuchte, das Schiff auf Kurs zu halten.
„Alle Mann an Deck, Alle Mann an Deck!!!“
Brüllte der Kapitän mit Macht gegen den Sturm an.
Fußgetrampel war von unten zu hören, als sich die winzigen Luken öffneten und die ganze Mannschaft nach oben drängte.
"Enter auf, hol ein die Segel!"
"Aye! Aye! Kapitän!"
"In die Wanten ihr Teufelskerle! Der blanke Hans will sich neue Opfer holen!!!“
"Seemannsbraut ist die See, und nur ihr kann er treu sein....!" irgend eine verwegene Teerjacke hatte das altbekannte Lied angestimmt.
"Verdammt, wer war das? Der Klabautermann soll dich holen!!!" schrie der Kapitän erbost.
"Aye! Aye! Kapitän!"
Das Segelschiffchen flog nur so im stürmischen Wind dahin. Immer wieder hob es die See in schwindelerregende Höhen um es gleich darauf krachend in ein weiteres Wellental zu jagen.
"Wahnsinn, ein Sturm in einem Buddelschiff! Das ist ja irre! Die armen Seeleute!" staunte Moni, ohne weiter an ihre eigene missliche Lage zu denken.
Todesmutig kletterte die Mannschaft in die Wanten, und arbeitete hoch oben in der Takelage fieberhaft, um die Segel zu bergen und festzuzurren. Monika staunte, wie sie auf den schwankenden "Pferdchen" wie Circusakrobaten entlangliefen ohne herunter zu fallen.
"Woow!!! sind die aber geschickt und mutig. Hoffentlich geschieht kein Unglück!"
Aber schon wieder raste eine neue, riesige Welle auf das Schiffchen zu, Monika bekam es wieder mit der Angst und rief:
"VOSICHT IHR MÄNNER, Wellenbrecher voraus?"
Das Rufen musste so laut für die kleinen Seeleute im Buddelschiff gewesen sein, dass sie für eine Sekunde ihre Arbeit im Stich ließen, und starr vor Schreck auf das riesige Wesen außerhalb ihrer Buddelflasche starrten. Der Steuermann hatte das Ruder losgelassen, und stand mit weit aufgerissenen Augen an der Reling, als ob er einen Geist gesehen hätte. Nun führerlos, wirbelte das Segelschiff wild und schlingernd im Kreis herum. Bedenklich legte es sich auf die Seite und kenterte.
"Ach du großer Schreck, Rette sich wer kann!" brüllte Monika aus Leibeskräften, während sich die ersten Männer in die brodelnde See warfen. Hilflos trieben die Seemänner im eiskalten Meerwasser, wo die See über ihren Köpfen zusammenbrach. Monika überlegte voller Sorge um die kleinen Menschen, was sie tun könnte um ihnen zu helfen.
"Na klar Moni, du musst den Korken ziehen!" Mit einem Schritt war sie bei Großvaters Buddelschiff und zog den Verschlusskorken heraus. Sofort schoss ihr das brodelnde Seewasser entgegen.
"Schwimmt um euer Leben Jungs, schwimmt zum Hals der Flasche!"
Wieder staunten die Männer, über das riesige Mädchen, doch schwammen sie so schnell es in der aufgewühlten See möglich war der Öffnung entgegen. Glücklicher weiße ließ der Sturm in dem Maße nach, wie das Wasser aus dem Buddelschiff entweichen konnte. Bald beruhigte sich die See. Der erste Seemann war an der Öffnung aufgetaucht und sprang hinaus. Doch sowie er das Buddelschiff verlassen hatte, löste sich sein Körper in einem weißen Schleier vollkommen auf.
„Ich glaub ich spinne! Einfach in Luft aufgelöst, wo gibt`s denn sowas?“
So war es auch beim Zweiten und Dritten, einfach alle Seeleute, die das Buddelschiff verlassen wollten, lösten sich vor den Augen Monikas in Luft auf. Inzwischen war das Buddelschiff bis auf einen kleinen Rest ausgelaufen und nichts erinnerte mehr an den Sturm, der gerade darin getobt hatte. Längst war es auch wieder dunkel um das Buddelschiff geworden, dass sie nun wieder mit dem Korken verschlossen hatte. Noch aufgewühlt von dem Erlebten, lag sie unter ihrem Bett noch lange wach. Von Mama und Papa war immer noch nichts zu hören, und die Tür ließ sich immer noch nicht öffnen. Irgendwann war sie dann aber todmüde auf dem Fußboden eingeschlafen. Unruhig war ihr Schlaf heute Nacht, wohl deshalb erwachte sie sehr früh am Morgen. Ihr Blick ging hinüber zum Buddelschiff das ihr Großvater in vielen Stunden für sie angefertigt hatte. Sie konnte es kaum glauben, so wie sie es von Opa geschenkt bekommen hatte stand es vor ihr, ganz so, als ob es die Nacht zuvor nie gegeben hätte. Und der Fußboden sowie das ganze Zimmer waren völlig trocken.
„Verflixtunddreimalpaukenschlag!!! Das war doch kein Traum – oder vielleicht doch??“
Monika ging zur Tür, tatsächlich, sie ließ sich problemlos öffnen.
„Na endlich, wurde ja auch Zeit, grrrrrrr!“
Auf leisen Sohlen schlich sie sich über den Flur zum Schlafzimmer ihrer Eltern. Mama und Papa lagen friedlich schlummern in ihrem großen Bett. Gerade wollte sie sich wieder entfernen, da erwachte ihre Mutter und öffnete die Augen.
„Na Schätzchen, was machst du denn schon auf? Hast du schlecht geschlafen?“
„Hahaha, du wirst mir sicher nicht glauben, wenn ich dir das sage, aber ich hatte den verrücktesten Traum, den ich je geträumt hab Mama!“
„Den musst du Papa und mir beim Frühstück erzählen!“
„Das mach ich, Mama!“
Moni konnte es kaum erwarten, bis alle drei am Frühstückstisch saßen. Ihre Mama und ihr Papa machten erstaunte und belustigte Gesichter während sie ihnen vom nächtlichen Geschehen erzählte.
„Klasse geflunkert Schätzchen!“
„Nee Mama, das ist nicht geflunkert!“
„Eine tolle Geschichte, die musst du unbedingt aufschreiben, Moni!“
„AU JA PAPI, das ist eine prima Idee, ich schreibe sie auf. Obwohl mir niemand die Geschichte glauben wird!“
„Macht doch nichts Schätzchen! Hahaha, da hat die Welt wieder ein Seemannsgarn mehr, worüber sie schmunzeln kann!“
"Hihihi!"
Noch oft saß die kleine Moni staunend vor ihrem Buddelschiff und dachte an die unglaubliche Nacht zurück, als Sturm im Buddelschiff herrschte….
(c) Horst Hübner 2011
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