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Der Teufel und die Esslinger Marktfrau
Lange ist es her, da machte der Teufel einmal einen Besuch in Esslingen am Neckar.
Er spazierte durch die Stadt, grüßte mal hierhin, mal dorthin und freute sich diebisch, wenn die rechtschaffenen Bürger seinen Gruß höflich erwiderten und an gar nichts Böses dachten.
Sein Weg führte ihn durch das Stadttor an der Neckerhalde, geradewegs zum Marktplatz. Es war wohl ein Mittwoch oder Samstag, den es war gerade Wochenmarkt.
Der Teufel staunte nicht schlecht, was da alles feilgeboten wurde: Rettiche, Blumenkohl, Kopfsalat, Birnen, Zwetschgen und ganz besonders schöne rotbackige Äpfel. Es gelüstete in sehr, einen solchen Apfel zu versuchen. So trat er an einen Stand heran und sagte in schmeichelndem Ton:
"Da habt ihr aber schöne Äpfel, gute Frau. Wollt ihr einem hungrigen und durstigen Fremden nicht einen davon versuchen lassen?"
Da hatte sich der Teufel aber getäuscht, wenn er geglaubt hatte, einer Wengertersfrau aus dem Esslinger Filial könne man mit solchen schönen Sprüchen imponieren! Die war sowieso viel schlauer als all die ehrbaren Bürger, die den Teufel zuvor in der Pliensau und auf dem Hafenmarkt so respektvoll gegrüßt hatten.
Sie hatte nämlich aus der eleganten Hose des Fremden einen Pferdefuß hervorschauen sehen, als er sich zu ihren Äpfeln hinunterbückte. Und ein Hauch von Schwefelgeruch war ihr auch schon in die Nase gestiegen. Deshalb war sie auf der Hut. Sie sagte aber ganz höflich:
"Das freut mich, dass Euch meine Äpfel so gefallen. Es sind auch Luiken aus der Ahnen Garten. Probiert nur einmal wie saftig sie sind".
Und damit griff sie in den Korb, der neben ihr stand und reichte dem Fremden ein Versucherle. Kaum aber hatte der volle Gier hinein gebissen, da verzog er auch schon ganz fürchterlich sein Gesicht und schüttelte sich voller Abscheu. Die listige Marktfrau hatte ihm nämlich statt des erbetenen Apfels eine schöne saftige Zwiebel gegeben.
"Das sollen eure Äpfel sein! Spott über euch Esslinger!"
schrie der Teufel in seiner Wut und Enttäuschung.
"Zwiebel sind es, scharfe Zwiebel. Und deshalb sollt ihr künftig nicht mehr Esslinger heißen, ihr stolzen Reichsstädter, sondern Zwieblinger."
Sprach`s und verlies eilends voller Zorn den Esslinger Wochenmarkt. Die anderen Marktleute erzählten nachher, durch das Mettinger Tor sei er verschwunden, Stuttgart zu. In der ganzen Stadt hat man seither den Teufel nicht mehr gesehen.
Das ist es den Esslingern wert, von ihren Nachbarn gelegentlich "Zwieblinger" genannt zu werden.
*** Ende ***
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