
Nupsi der Schmetterling freute sich über den schönen Sommermorgen, als er auf seiner Lieblingsblume erwachte. Er mochte sie deshalb so gern, weil die Grasnelke mit ihren rosigen Blüten genau das Gegenteil von ihm war. Sie war wunderschön, und wenn er auf ihrer Blüte saß, so hoffte er, dass ein wenig von ihrem Farbenglanz auf ihn übergehen würde.
Gerade flatterte Gregor der prachtvolle Admiralsschmetterling an ihm vorüber und machte sich ein wenig lustig über ihn.
"Na Nupsi, sonnst du dich wieder im Glanz deiner Grasnelke."
"Guten Morgen Gregor, ich wünsche dir einen schönen Tag."
"Danke Nupsi, und was machst du so, den ganzen Tag über."
"Ich werde wohl noch eine Weile auf meiner Lieblingsblume bleiben."
"Du musst dich nicht verstecken, nur weil du der farbloseste Schmetterling von allen bist."
"Mir gefällt es eben auf meiner Grasnelke."
"Na dann wünsch ich dir noch viel Spaß auf deiner Blume."
Gregor wurde von allen bewundert, denn er war einer der Schönheiten der Wiese. Wenn er doch nur ein bisschen so sein könnte wie er.
Nupsi überlegte gerade ob er vielleicht doch einen kleinen Ausflug machen sollte. Auch wenn die anderen ihn hänseln würden, er konnte schließlich nicht ewig auf seiner Blume sitzen bleiben.
Entschlossen sich nicht ärgern zu lassen, erhob er sich in die Luft und flatterte frohen Mutes über die Wiese, die sein Zuhause war. Schon von weitem stieg im der wunderbare Duft der Weiße Waldhyazinthe in seine Stupsnase. Nupsi steckte seinen Saugrüssel in den Blütenkelch und trank von dem erfrischenden und wohlschmeckenden Nektar der Pflanze. So gestärkt sah seine kleine Welt gleich viel schöner und bunter aus.
Gleich darauf bekam seine gute Laune einen herben Dämpfer, denn Theo der schönste aller Schmetterlinge flog heran.
"Hallo Nupsi hat sich unser bleicher Falter einmal von seiner Blüte herunter getraut."
"Hallo Theo, es tut mir leid, aber es kann ja nicht jeder so ein Schönling wie du sein."
"Schade Nupsi, nett bist du ja, aber..."
"Was aber."
"Wenn du doch nur ein bisschen mehr Farbe tragen würdest."
"Fröhlich sein, freundlich sein, gute Laune verbreiten, ist das nicht auch etwas schönen Theo."
"Gewiss Nupsi, aber wir Schmetterlinge sind nun mal die Schönheiten der Wiesen und Gärten und alle erfreuen sich an unserer Farbenpracht."
"Leider bin ich nicht so hübsch wie die anderen Schmetterlinge, was kann ich dafür."
"Tschüss Nupsi, ich muss."
Als er Theo aus den Augen verloren hatte, da ließ er sich mit dem Wind über die Wiese tragen und betrachtet die vielen bunten Blumen, die in voller Blüte stehen Obstbäume und die Tiere. Viele Bienen sammelten fleißig Nektar und brachten ihn eilig in ihren Stock. Kleine Käfer krabbelten an den Blumen empor und die kleinen Vögel sangen vielstimmig ihre Lieder.
Auf seiner Wiese konnte es so schön und friedlich sein, doch die Idylle wurde jäh gestört, da Laura und Marko ihm ihre Aufwartung machten.
"Oh, sieh doch nur Laura, Nupsi der Farblose hat sich von seiner Wiesennelke erhoben."
"Du solltest ihm ein paar deiner hübschen roten und weißen Punkte schenken Laura."
"Die pure Verschwendung wenn du mich fragst."
"Du hast wohl recht, das würde auch nicht helfen. Er ist eben unser hässliches Entlein."
Da wurde Nupsi ganz traurig und flog zurück zu seiner Lieblingsblüte.
Das leise Wehklagen und Wimmern von Nupsi blieb nicht ungehört. Ein kleiner Wandersmann, kaum größer als die Blumen, die ihn umgaben, stand wenig später neben Nupsis Wiesennelke.
"Du musst doch nicht weinen, schau dich um. Du bist umgeben von lauter Schönheit."
"Nur ich bin hässlich. Die schönen Schmetterlinge lachen alle über mich."
"Das ist aber sehr ungerecht."
"Wenn ich doch nur ein bisschen schöner sein könnte. Kannst du mir nicht einen Rat geben."
"Einen Rat geben, hmm, ich glaube das kann ich nicht, aber..."
"Aber, aber was."
"Helfen, das kann ich dir."
"Was könntest du schon tun."
"Du wirst schon sehen, kleiner Schmetterling."
Seine Worte klangen Nupsi noch in den Ohren, als er längst verschwunden war. Wie hatte der Fremde das gemeint. Wollte er ihn nur trösten, oder machte er sich auch nur lustig über ihn.
"Hallo mein Freund Nupsi."
"Oh Kara, wie geht es dir."
Die kleine Springspinne Kara war auf seine Wiesenblume gehüpft. Sie war auch nicht hübsch, aber Kara machte es überhaupt nichts aus. Wenn er doch auch so sein könnte wie Kara."
"Herrlich Nupsi, ich fühle mich pudelwohl. Und du."
"Ach die anderen Schmetterlinge waren wieder gemein zu mir."
"Du darfst es dir nicht immer so zu Herzen nehmen."
"Das ist leicht gesagt Kara, ich bin eben keine Springspinne, sondern ein Schmetterling."
"Jaja, und Schmetterlinge müssen schön sein, das hast du mir nun schon so oft erzählt. Höre nicht auf sie, du bist sehr nett, und lustig bist du auch, wenn du nicht gerade traurig bist."
"Du hast ja recht Kara."
Die Nacht hatte Einzug auf der Wiese gehalten und so legten sich die beiden Freunde zum schlafen in das weiche Blütenbett der Blume. Friedlich schlummerten Kara und Nupsi bis der neue Tag erwachte.
Kara erwachte und blickte zu Nupsi hinüber, der immer noch schlafend neben ihr lag.
"Wach auf, wach auf Nupsi."
"Was ist denn los, warum bist du denn so aufgeregt."
"Sieh dich doch an, du bist plötzlich wunderschön."
An einem der Blütenblätter hing noch ein kleiner Tropfen Morgentau. Nupsi blickte wie in einen Spiegel hinein. Sprachlos vor Staunen blickte er auf sein wunderschönes Flügelpaar. So schön zu sein, das war ein Traum."
"Das kann nur der Wandersmann gewesen sein."
Nupsi erzählte Kara von der Begegnung mit dem kleinen Wanderer, der ihm seine Hilfe angeboten hatte."
"Dann muss es ein Zauberer gewesen sein."
Schon bald wussten alle Wiesenbewohner von der Verwandlung Nupsis in einen wunderschönen Schmetterling. Von nun an waren alle sehr nett zu ihm. Nupsi war sehr glücklich darüber.
Verstehen konnte er es aber nicht. Denn er war derselbe geblieben.
Er war nur in einen neuen Mantel geschlüpft. Nichts weiter.
*** Ende ***